Das Programm im Nationalpark bei Morshchikhinskaya erinnert an früherer Besuche von Landschulheimen. Es gibt Vollverpflegung mit typisch russischen Mahlzeiten, Saft und Tee zum Essen. Zum Frühstück gibt es Porridge oder Hirsebrei, Brot mit Wurst und Käse und kleine Blinis mit Marmelade und Schmand ... lecker. Zu den warmen Mahlzeiten steht immer Salat, gerne mit Erbsen, klein geschnittenem Fleisch, roter Beete angemacht mit Mayonnaise, eine Suppe (Soljanka oder Krautsuppe) und Kartoffeln mit Fisch oder Fleisch auf dem Tisch. Natürlich nicht zu vergessen die kleinen Pfannkuchen zum Dessert, Café und Tee. Alles reichhaltig und garantiert nicht arm an Kohlenhydraten. Low carb, das war einmal.
Zwischendurch dann eine Führung durch den „Ameisenpark“, Besichtigung des kleinen Museums und des Ökohofs der sich dem Erhalt alter Nutztierrassen verschrieben hat. Am Nachmittag der Besuch einer Masterclass, so nennt man hier das Rahmenprogramm, wenn wir in Kleingruppen Armreifen aus Birkenrinde (Männer) oder Kopftücher mit Drucken versehen (Frauen). Wir machen alles mit und haben unseren Spaß. Alle geben sich hier so unglaublich viel Mühe und nicht zuletzt erfährt man am Rande immer wieder Interessantes über das Leben der Menschen hier vor Ort. Zu guter Letzt noch ein Folkloreabend mit alten Tänzen, die das soziale Dorfleben von vor 100 Jahren vorstellen sollen. Die Jungs, die uns Frauen zum Tanz auffordern müssen, zittern regelrecht vor Nervosität ;-)
In Savinskiy übernachten wir auf dem Parkplatz einer Art Stadthalle. Der Ort liegt rund sieben Kilometer von der Hauptstraße entfernt. Man erreicht ihn indem man zuvor durch alte Anlagen einer mittlerweile stillgelegten Zementfabrik fährt. Fast schon gespenstisch muten diese zerfallenen riesigen Gebäudekomplexe an. Bei der Besichtigung des lokalen Heimatmuseums erfahren wir am nächsten Morgen, dass die Fabrik vor ein paar Jahren geschlossen worden ist. Sie war Hauptarbeitgeber der rund 12.000 Einwohner zählenden Stadt, 4.000 sind bereits abgewandert. Tristesse und Perspektivlosigkeit müssen sich breit machen, doch die Dame, die uns durch Ihre Ausstellung führt ist optimistisch. Irgendwann erscheint noch eine junge Frau von der Lokalzeitung und macht von uns Besuchern aus Deutschland ein Foto .... sind wir ein Zweizeiler auf Seite fünf oder der Aufmacher ;-)?
Wo wir mit unseren Allradfahrzeugen stehen sind wir Publikumsmagnet. In der Nacht kreist ein junger Mann mit seinem Auto immer wieder um uns herum, lässt Reifen quietschen, dreht seine Musik auf, fährt weg nicht ohne ein paar Minuten wieder zu kommen. Seine Musik gefällt mir, wenngleich Schlaf jetzt auch nicht zu verachten wäre. Als er gegen zwei Uhr in der Nacht noch einmal vorbei kommt, stellt er seinen Wagen auf der Mitte des Parkplatzes ab und beschallt uns mit seiner Anlage. Irgendwann scheinen unsere russischen Begleiter die Faxen dicke zu haben und ich höre Diskussionen, dann endlich Ruhe ... aber die Musik war wirklich gut (eine Hiphop Band aus Weißrussland, wie ich später herausgefunden habe) J.