Unsere Zeit in Estland ist ruhig und für unsere Verhältnisse mit vielen Corona-Gedanken verbunden. So richtig entspannt lässt sich alles nicht mehr genießen, der Kopf ist stellenweise blockiert. Am besten geht es, wenn wir spazieren gehen. Gesagt getan. Wir laufen stundenlang durch die Gegend, in der Regel ohne nennenswert Menschen zu begegnen. Gleichzeitig sind mir meine Luxusprobleme unangenehm, haben doch sehr viele Menschen im Augenblick ganz andere Sorgen.
Insgesamt verbringen wir acht Tage in diesem kleinen aber wirklich sehr schönen Land. In erster Linie fahren wir entlang der Küste. Anfangs etwas orientierungslos, doch sobald klar ist, wies es weiter geht und feststeht, dass wir am 23.3. mit der Fähre ab Padliski nach Rügen ausreisen werden etwas gezielter.
Nachdem wir erfahren hatten, dass es eine Fähre von Estland aus geht haben wir sofort beschlossen alle anderen Varianten zu vergessen. Beim Telefonat mit der Fährgesellschaft bekomme ich vier mögliche Termine genannt. Der erste wäre noch am gleichen Tag gewesen, doch so eilig hatten wir es nun auch wieder nicht. Andererseits wollte ich unsere Möglichkeiten nicht zu sehr ausreizen und so haben wir uns für die vorletzte Fähre entschieden.
Wir fahren zurück an die Küste, obgleich es im Landesinneren auch landschaftlich sehr schön und vor allem recht einsam ist. An der Küste gibt es einen großen Naturpark, den wir ansteuern und in Etappen ein wenig erkunden. Tallinn liegt zwar auch auf dem Weg, doch wir wollen das Zentrum meiden und machen nur einen kurzen Einkaufsstopp im Supermarkt, tanken an einer Tankstelle Wasser und machen einen Spaziergang außerhalb des Zentrums entlang der Kaimauer. Überall gehen die Leute spazieren, Eltern verbringen die Zeit mit Ihren Kindern und fahren Rad oder nutzen die Spielgeräte. Dabei ist ein jeder eher für sich. Die Straßen sind überschaubar befahren, auch hier eher Sonntagsstimmung und so kommen wir selbst zur Rushhour problemlos raus aus der Stadt weiter Richtung Paldiski.
Geisterfähre. Wir sind vier Kfz und vier oder fünf LKW auf der Strecke nach Sassnitz. Das Schiff, von außen eher hm... aber von innen wirkt alles sehr neu und sauber. Vermutlich aufgrund der Sondersituation gab es einen Pauschalpreis incl. Kabine und Mahlzeiten. 406 € kostet die Überfahrt, weniger als die schlechtere Kabine ohne Mahlzeiten auf dem Weg Travemünde – Helsinki.
Auf Rügen suchen wir uns ein verstecktes Plätzchen für die Nacht bei Prora. Von nun an wollen wir in kleinen Etappen Richtung Heimat fahren. Wir genießen noch einen letzten Tag am Strand und Paula erfreut sich an langen Spaziergängen. Auf den Fähren ist ihr Radius ja doch eher eingeschränkt.
Am Morgen kommen wir mit einem Einheimischen ins Gespräch, der auch mit seinem Wohnmobil gekommen ist. Ein Rentner dreht eine Runde und schreibt sich fremde Kennzeichen auf, denn eigentlich sollen alle Touristen von der Insel runter. Wir hören, dass es schon skurrile Situationen gibt, so hat jemand an seinem Wohnmobil vor seiner eigenen Haustür einen Zettel kleben gehabt, wonach er endlich abhauen solle, er würde die Viren verteilen.
Brav verlassen wir die Insel und fahren an den Kummerower See. Ein Stück Richtung Heimat aber wir wollen die Schritte auch nicht zu groß werden lassen. Bei der Stellplatzsuche fahren wir durch ein idyllisches endlos abgelegenes Nest und werden wir von einem Einheimischen auf 20 Meter Entfernung angepiept: ob wir denn nicht wüssten, dass wir hier nicht sein dürften und ob wir denn keine Nachrichten sehen würden, wo wir denn her kämen? Herbert: aus Russland. Er: Ja, so seht Ihr auch aus. Welcome to Germany.
Der von uns avisierte Parkplatz ist gesperrt, alles steht unter Wasser und so ziehen wir von dannen. Private Ordnungshüter triggern mich
Wir landen ein paar Kilometer weiter auf einem Parkplatz in Verchen. Hier mündet die Peene in den Kummerower See. Auch hier Idylle pur. Mitten in einem Vogelschutzgebiet werden wir am Morgen vom Vogelgesang geweckt. Keine Menschenseele hier. Zumindest das Kontaktverbot können wir problemlos einhalten.