Wieder einmal neigt sich eine wunderschöne Reise dem unausweichlichen Ende. Und wieder einmal stehen wir an einem wunderschönen Plätzchen, heute mit atemberaubender Aussicht auf die Schären. Gestern Abend tauchte die Sonne langsam ab ins Meer, heute Morgen schiebt sie sich Zentimeter für Zentimeter hinter unserem Rücken wieder empor. Der Schnee ist hier bereits restlos geschmolzen. Liegen die Nachttemperaturen noch im niedrigen Frostbereich, ist es tagsüber frostfrei und in der Sonne angenehm mild. Nur mit der Stille hapert es hier. Wir stehen südlich von Göteborg, hier ist die Bevölkerungsdichte wieder eine ganz andere.
Wir zwei sind unser ganz persönliches Dreamteam beim Reisen. Herbert fährt mit unendlicher Gelassenheit sicher Kilometer für Kilometer und ich navigiere zielgenau. Eigentlich fast wie im richtigen Leben ;-). Meine Versuche, selber zu fahren, habe ich begraben. Ich weiß, dass ich unser Wohnmobil, wenn es sein muss, überall hinbekomme, denn ich kann es fahren, so ist es ja nicht. Doch mir fehlt die Entspannung dabei. Naja und Herberts Stärke ist es nun mal nicht, mir punktgenau die Navigationsanweisungen zu geben, die ich als Fahrerin gerne hätte. Muss er aber auch nicht, wozu? Kann doch jeder von uns das machen, was er gut kann und vor allem lieber macht. Und so ist es unser morgendlicher Rhythmus, das einer das Frühstück macht, der andere eine Hunderunde dreht. Zum Müsli gibt es eine Runde Podcast „Gabor Steingards Morning Briefing“. Motor starten, aufräumen, alle Schränke schließen, damit nicht wieder Becher durch die Gegend fliegen, Trinkpullen füllen, Landkarte, Handy greifen und ab geht es nach vorne, Herbert nach links und ich nach rechts. Paula folgt uns, rollt sich in der Mitte zwischen uns ein und macht ihren Schönheitsschlaf.
Seit vorgestern krabbeln wir etwas gequält ins Fahrerhaus. Rund 250 Kilometer weiter nördlich von Göteborg hatten wir ein schönes Plätzchen mitten im Wald auf einem Wanderparkplatz (Brattfallet) gefunden. Der Schnee war noch nicht ganz geschmolzen und an einigen Stellen einer Eisfläche gewichen. Zwei Wanderungen waren ausgeschildert und nachdem wir kurz nach unserer Ankunft die kürzere der beiden Runden als Abendrunde gemacht hatten, entschieden wir, die längere noch als gemeinsame Morgenrunde zu machen. Komoot bezeichnete beide Wanderungen als leicht, doch die Morgenrunde hatte es in sich. Die Angaben auf Komoot haben sich natürlich auf sommerliche Bedingungen und nicht auf noch mit Schneeresten und später dann stellenweise vereisten Pfaden bezogen.
Im Ergebnis haben wir für die gut 6 Kilometer nicht eineinhalb Stunden sondern knapp drei gebraucht. Wir haben uns für unsere Naivität verflucht und über uns gelacht, wenn wir hilflos am Hang hingen und das Eis uns keinen Halt bot, und wir haben Paula beneidet, die auf ihren vier Pfoten überall ihren Weg fand. Die Kochen sind heile geblieben, ein paar blaue Flecken, eine Beule und schmerzende Muskeln haben wir zur Erinnerung für die nächsten Tage und den restlichen Weg nach Hause mitgenommen. Trotz alledem, es war eine herrliche Wanderung und wir hatten unseren Spaß.
Beim Schreiben dieser Zeilen habe ich im Internet nochmal nachgelesen, wie der Ort hieß, an dem wir gewandert sind. Dabei habe ich durch Zufall eine schwedische Seite mit Wanderempfehlungen gefunden. Dort findet sich folgender Hinweis für die beiden Routen, die wir dort gegangen sind:
Gut, dass wir das vorher nicht gelesen haben, vermutlich wären wir nicht gegangen und das wäre schade gewesen.
Die Strecke Göteborg – Malmö – Kopenhagen – Rødbyhavn – Puttgarden - Hamburg Moringen fahren wir innerhalb von drei Tagen. Kurz vor Hamburg übernachten wir in einem Waldstück bei Stapelfeld. Gegen Morgen werden wir von einem Vogelkonzert geweckt, wie wir es lange nicht mehr gehört haben. Innerhalb von fünf Tagen rollen wir von tiefstem Winter in sonnigen Frühling.
Hinter uns liegen rund sieben Wochen Winter vom Feinsten und wenn es in unserer Hand liegt, nicht das letzte Mal. Kein Matsch, kein nass-kaltes Gruselwetter, das einem in die Knochen kriecht, sondern ausschließlich frische, klare, kalte, trockene Luft und überraschend häufig Sonne.
Übrigens: Auf der Abfahrt Northeim Nord zeigte der Kilometerzähler genau 7.000 km und 135 h reine Fahrzeit an.
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