Zurück auf dem Festland
Wir sind zurück auf dem Festland. Die Tatsache, dass wir keine Möglichkeit gefunden haben, Wasser zu tanken, hat uns schneller werden lassen. Wir haben zwar noch unseren zweiten 5 l-Wasserkanister aus Finnland, den wir zum Teekochen nutzen aber Haare waschen wäre auch mal wieder ganz nett. Da wir uns im südlichen Zipfel der Lofoten eh nicht so richtig wohlfühlen, beschließen wir, am nächsten Morgen die Fähre aufs Festland zu nehmen.
Im Nachhinein ist man ja immer schlauer und manchmal denke ich: verdammte Axt, lernen wir denn so gar nicht aus unseren Reisefehlern. Aber hätte, könnte, sollte ... Wir sind immer wieder zu schnell unterwegs, dabei haben wir doch Zeit, könnten nach hinten verlängern. Doch irgendwas treibt uns immer weiter und so sind wir inzwischen zurück auf dem Festland und haben ein nettes Plätzchen abseits der E6 nahe dem Saldal Touristencenter gefunden. Um uns herum ein paar Häuser im Wald verstreut, vielleicht bewohnt, vielleicht sind die Lichter aber auch wieder nur von Zeitschaltuhren gesteuert. Viele Spuren deuten auf reichlich Rentiere und vielleicht auch Elche hin. Einen Elch habe ich tatsächlich bei der Anreise auf den letzten Kilometern auf einem teils zugefrorenen Fluss entdeckt. Die Rentiere besuchen uns am Morgen direkt vor unserer Haustür und knabbern vielleicht die restlichen Chips auf, die mir gestern Abend beim Kochen draußen runter gefallen sind. Ich kann sie von meinem Bett aus beobachten und bin wie elektrisiert.
Wir haben Abends beschlossen, eine weitere Nacht zu bleiben. Dieser Platz hat nämlich genau das, was wir lieben: er liegt in einem Wandergebiet, hat einen Picknickplatz mit Feuerstelle und liegt ruhig und einsam im Wald. Wandern und Lagerfeuer stehen also auf dem Tagesprogramm. Ich habe am Vorabend noch meinen Sauerteig aufgefrischt und vor dem ins Bett gehen zwei Vorteige für ein Brot angesetzt, es soll im gusseisernen Topf am Feuer gebacken werden.
Am Morgen bereite ich das Brot vor und packe es in den Gärkorb bevor wir gegen 12 Uhr zu unserer kleinen Wanderung starten. Eineinhalb Stunden geht es bergauf bis wir streiken, weil wir nicht mehr wissen, wo es weiter geht. Bis hier her ist jemand mit Tourenskiern vor uns unterwegs gewesen, hat gedreht und ist zurück. Wir versuchen es noch ohne Schneeschuhe weitere 100 Meter, geben dann aber auf. Mal sinken wir 30 cm tief in den Schnee ein, mal trägt uns die verharschte Schicht, in Summe sowohl für Paula als auch für uns zu anstrengend. Auf einem Felsen machen wir es uns mit Tee und Keksen „gemütlich“, bevor es wieder zurück geht. Kurz vor unserem Wohnmobil begegnen wir sechs Rentieren. Sie springen nicht gleich ab, sondern bleiben auf Distanz zu uns, nur eines kommt neugierig in unsere Richtung, bevor es umdreht und seine Artgenossen zum Abmarsch antreibt. Sie laufen jedoch lustiger Weise genau auf unserem Weg vor uns her und so können wir sie eine ganze Zeit lang beobachten.
Paula steckt ihre Nase unablässig in den Schnee und frisst irgendwas. Erst dachte ich, es sind die Köddel der Rentiere, die auch auf dem Weg entlangspazieren. Bei genauerer Betrachtung sehe ich, dass im Schnee überall Reste von Tierfutter verstreut liegen und Paula sich die ganze Zeit damit den Bauch vollhaut. Die Rentiere werden also gefüttert und Paula ist ganz happy, wo gibt es schon mal einen Spaziergang mit Wegzehrung auf jedem Meter.
Unten angekommen werfe ich einen Blick auf mein Brot und erschrecke mich. Nun muss das Feuer aber schnell in die Gänge kommen, das Brot kommt sonst aus dem Gärkörbchen gekrabbelt. Sicherheitshalber stelle ich das Körbchen in den Schnee, um der Hefe und dem Sauerteig die Lust am sich Weiterentwickeln zu nehmen.
Herbert befreit die Feuerstelle vom Schnee und bringt das Lagerfeuer in die Gänge. Endlich kommt das Holz, das wir schon seit einiger Zeit spazieren fahren, zum Einsatz. Der gusseiserne Topf wird vorgeheizt und schließlich kommt das Brot hinein. Wir sind gespannt. Im letzten Winter sind unsere Versuche, im Garten auf der Feuerstelle Brot zu backen, kläglich gescheitert. Beide Male war uns das Brot wegen zu viel Hitze verkohlt. Das soll diesmal anders werden! Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Nur an einer Stelle ist es unten etwas schwarz geworden, ansonsten sieht es tadellos aus.
Es ist noch nicht ganz dunkel, man merkt, die Tage werden hier oben im Norden nun in großen Schritten länger, und wir kochen uns noch ein Chilli sin Carne am Feuer. Dazu gibt es die verbliebene Flasche Prosecco, wobei es so kalt ist, dass der Sekt in unseren Gläsern gefriert. Gegen Sieben sind wir fertig, räumen alles auf und hängen unsere nach Lagerfeuer stinkenden Klamotten an den Wanderschildern über Nacht zum Lüften auf. Zufrieden machen wir es uns auf unserem „Sofa“ gemütlich, „alt“ werden wir heute nicht.