Unterwegs mit Herbuli

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Kolari - Äkäslompolo - Pallas Yllästunturi

 

Von unserem Friedhofsplätzchen in Kolari aus ging es ca 60 Kilometer nach Äkäslompolo, einem kleinen Städtchen im Skigebiet Yllästunturi, kurz Ylläs genannt. Den Ortskern kann man einzig am Einkaufscenter mit Tankstelle festmachen. Drum herum noch ein paar Geschäfte mit Schnickedöns, einem Skiverleih, ein paar Kneipen und sogar einem ganz kleinen Bäcker. Ansonsten erstreckt sich der Ort mit unendlich vielen Ferienhäusern in Form von idyllischen Blockhäusern und kleinen Hotels im angrenzenden Wald entlang einem zugefrorenen See. Auf diesem See fährt regelmäßig eine Pistenraupe und präpariert die Wege für Spaziergänger, Radfahrer und Langläufer. Ein jeder bekommt hier seinen Bereich zugewiesen!

 

Wir finden einen Parkplatz im Wald zwischen den Ferienhäusern. Auch wenn die Häuser weitgehend belegt zu sein scheinen, wirkt es hier alles andere als voll. So teilen wir den Parkplatz am Tag mit ein paar Langläufern und gegen Abend mit Hundehaltern, die in einem Freilauf ihre Hunde für ein paar Minuten laufen lassen.

 

Wir erkunden zu Fuß die Umgebung und lassen den Tag ruhig ausklingen. Am nächsten Morgen dreht Paula eine kurze Morgenrunde im Freigehege, mehr interessiert sie morgens eh nicht, sie will nur zurück ins Womo und fressen. Nach dem Frühstück, es ist inzwischen fast 12 Uhr, laufe ich mit Paula zu Fuß über den See zum Zentrum, Herbert fährt mit dem Womo. Wir wollen uns Langlaufskier ausleihen und, während Paula im Womo schläft, ein paar Runden auf dem See drehen.

 

Gegen eins sind wir endlich mit dem nötigen Rüstzeug versehen und wagen uns in die Spur, nicht ohne uns zuvor noch schnell beim Bäcker mit frischem Roggenbrot und Kuchen für später einzudecken. Das Wetter ist ein Traum, Sonne satt. Knapp zwei Stunden fahren wir umher, kommen ganz schön ins Schwitzen, wagen uns in den Wald (keine gute Idee, da geht es nämlich rauf und runter und letzteres bekomme ich auf diesen schmalen Brettern nicht gut ausbalanciert, mein Steißbein lässt grüßen ;-)). Gegen drei ist Schluss, mehr geht nicht, in mir ruft es nach Café und Kuchen. Wir geben die Bretter ab und trinken im Womo in Ruhe einen Café. Gestärkt gehen wir noch in den Supermarkt. Hier gehen einem die Augen über, es gibt alles, was das Herz begehrt und noch einiges mehr. Wir füllen unsere Vorräte auf und verziehen uns wieder auf den Parkplatz von letzter Nacht.

 

Eigentlich wollte ich ja gerne mal wieder duschen, wäre nach so einer sportlichen Aktion vielleicht auch angebracht aber unser Wasser ist so gut wie alle und hier im Ort gibt es keines. Bisher gab es an allen Tankstellen Wasser zum Tanken. Zusammen mit einem Druckluftschlauch ist der Wasseranschluss mit Schlauch in so kleinen frostgeschützten Häuschen untergebracht aber an dieser Tankstelle ist nichts zu bekommen. Morgen müssen wir dann wohl zur nächsten Tankstelle ins 40 Kilometer entfernte Kittilä fahren.

 

Gegen 23 Uhr meldet sich wieder meine Aurora-App und macht mich flott. Herbert hat sich schon ins Schlafgemach verzogen während ich mich aufrüste. Es ist lausig kalt draußen und so ziehe ich an, was der Kleiderschrank hergibt. Eingepackt wie ein Michelin-Männchen komme ich kaum an meine Schuhe, um den Klettverschluss zu schließen. Hätte nicht gedacht, dass der ganze Kram, den wir vor zwei Jahren in Russland gekauft hatten, tatsächlich nochmal Verwendung findet. Warm eingepackt stapfe ich durch den knirschenden Schnee um unser Womo herum. Eigentlich sind um uns herum viel zu viele Laternen und die Häuser sind auch alle reichlich beleuchtet aber auf dem Parkplatz geht es. Ich könnte ja runter zum See gehen aber bin dann wohl doch zu schissig im Dunkeln die drei-vierhundert Meter durch den Wald zu tigern. Ich weiß nicht wie lange ich umherlaufe, den Kopf in den Nacken lege und in die sternenklare Nacht schaue, ob sich etwas tut. Und ganz plötzlich, als ob jemand auf die Starttaste gedrückt hätte, geht es los. Direkt über mir beginnt der Himmel grün leuchtende  Muster zu produzieren. Meine Begeisterung bleibt Herbert nicht verborgen und zügig springt er in seine Montur. Gemeinsam bestaunen wir die Lightshow am Himmel und gehen zusammen runter zum See. Wir sind nicht die einzigen, die sich auf den Weg gemacht haben. Zwanzig, dreißig Leute stehen mit Fotoapparat bewaffnet umher. Eine Zeit lang könnte man glauben der Zauber hat für diese Nacht ein Ende, doch dann flammt es nochmal auf und bizarre Muster lassen uns immer wieder erstaunen.

 

Gegen halb eins sind wir dann doch endlich im Bett, keinem von uns ist kalt geworden, obwohl das Thermometer schon bei minus 19 Grad angelangt ist. Wir sind gespannt, wie unser Womo die Kälte mitmacht.....

 

Gegen acht stehe ich auf und will mir einen Tee kochen. Die Pumpe läuft trocken, es kommt kein Wasser aus dem Hahn. Sollte das Wasser schon gänzlich alle sein? Der Bordcomputer sagt eigentlich noch einen Füllstand von 20%. Im Kessel ist noch Wasser und ich gieße die Reste aus unseren Trinkflaschen dazu. Mehr gibt es nicht. Nicht nur nicht duschen, sondern nicht mal eine Katzenwäsche ist angesagt,  langsam wird es grenzwertig ;-). Überall hinterlässt der Frost seine Spuren. Der Türgriff und die Scharniere zum Fahrerhaus sind aus Metall und somit Kältebrücken. Kondenswasser ist zu Eiskristallen gefroren. Ebenso an den Fenstern. Wir starten den Wagen schon vor dem Frühstück, damit der Motor sich ein wenig aufwärmen kann. Vier Anläufe braucht Herbert, bevor der Wagen läuft. Wir haben leider keine Standheizung. Gut, dass wir vor der Abreise noch die Batterie erneuert haben. Die alte hätte spätestens hier ihren Dienst versagt. Laut Bordcomputer hat es draußen minus 28 Grad.

 

In Kittilä tanken wir Wasser und Diesel auf, doch die Pumpe funktioniert leider immer noch nicht. Wir stehen auf einem Supermarktparkplatz und sind ein wenig ratlos. Was kann da eingefroren sein und warum? Wir stellen nachts die Heizung auf 16 Grad, tags läuft sie auf 19 -21 Grad. Unsere Annahme ist, dass der Wasservorrat im Tank zu wenig war und der tiefe Frost es doch geschafft hat das wenige Wasser zumindest im Schlauch, der zur Pumpe führt, zu gefrieren. Ein kleiner Propfen reicht und nichts geht. Wir versuchen kochendes Wasser mit einem Minitrichter in den Schlauch zu bekommen – vergeblich. Dann versucht Herbert mit dem Druckluftkompressor den Schlauch frei zu bekommen, doch auch das will nicht funktionieren.

Wir beschließen, uns im Supermarkt mit Wasserflaschen einzudecken und weiterzufahren. Was solls, dann wird eben irgendwann anders geduscht. Zur Not können wir einen Campingplatz oder ein Hotel ansteuern.

 

Wir fahren Richtung Pallas-Yllästunturin Nationalpark. Auf halbem Weg sehe ich ein Schild, dass auf eine Galerie/Café hinweist. Mitten in der Botnik im Nirgendwo biegen wir kurzer Hand ab und statten dem Häuschen einen Besuch ab. Vor uns kommt gerade ein Trupp Männer, Franzosen, mit ihren Snowmobilen an und steuert ebenfalls auf das Café zu.

Im Inneren werden wir von einer auffallend großen, farbenfroh bekleideten und eine rote Brille tragenden Frau begrüßt. Woher wir kämen, fragt sie uns und wechselt umgehend in akzentfreies Deutsch. Wir bekommen das Haus mit seiner Geschichte und seinen vielfachen Anbauten erklärt. Der eigentliche Künstler ist ihr Mann. Er huscht in Filzpantoffeln an den Füßen zwischen Küche und der Gruppe Franzosen, die offensichtlich gemeinsam eine Snowmobiltour mit Verpflegung gebucht haben, hin und her. Zwischendurch greift er zu einer Mandoline (so ganz sicher bin ich mir da nicht) und macht Musik. Die Herren bekommen eine, so wie es duftet bestimmt ausgezeichnete Suppe, serviert, während wir durch die Räumlichkeiten schlendern und uns die ausgestellten Bilder ansehen. In der Mitte des Raumes ist ein Tisch mit Kaffee, Tee und einem Topfkuchen zur Selbstbedienung gedeckt. Wir versorgen uns und beobachten das Geschehen um uns herum, während der Herr des Hauses immer wieder zwischen eigenem Kaffeetisch in seiner Küche und einem Liedchen für seine Gäste hin und her springt. Ich mag diesen Ort, hier würde ich gerne länger verweilen.

Ich schätze sie auf Anfang 60, während sein Jahrgang 1950 ist, wie auf einer der ausgehängten Dokumentationen zu lesen ist. Den Fotos und der Einrichtung nach zu urteilen, finden hier häufig musikalische Kleinkunstveranstaltungen statt. Sie hat in den 70er- Jahren in Köln studiert. Er hat mit ca. 20 sich in der Nachbarschaft seines Elternhauses eine kleine Hütte gesucht, um, wie sie uns erzählte, den, bei elf Geschwistern zahlreichen, Kritikern seiner Malereien zu entgehen. Nach dem Studium hat er sich ein kleines Atelier an die Hütte angebaut und gemeinsam haben sie nach und nach diesen Ort erschaffen. Seine Bilder handeln viel von der großartigen Natur hier oben aber auch auffallend viel von sinnlich miteinander tanzenden Menschen.

 

Wir ziehen weiter, zufrieden mit uns, diesem Ort einen Zwischenstopp gewidmet zu haben. Schlussendlich landen wir ganz oben vor dem Pallastunturi Besucherzentrum, mitten im Nationalpark. Die Sorge vor zu viel Kälte lässt uns ein windgeschütztes Plätzchen im Schatten des Gebäudes beziehen. Das Besucherzentrum ist über das Wochenende leider geschlossen und so stören wir niemanden.

 

Während ich draußen unser Abendessen koche, es gibt gebratenen Fisch mit warmem Kartoffelsalat, widmet sich Herbert noch einmal unserem Wasserproblem. Bislang läuft die Wasserpumpe trocken. Erneut nimmt er den Kompressor zur Hilfe und welch ein Jubel, er bekommt die Leitung nach einigen Versuchen frei. Einer heißen Dusche steht also nichts mehr im Wege.

 

Wir räumen unseren Stellplatz direkt vor dem Haupteingang des Besucherzentrums, nachdem wir eine kleine zwei-stündige Wanderung auf einen der umliegenden „Hügel“ gemacht haben und fahren noch ein paar Kilometer weiter. ...